The Two Gentle*WOmen of Verona

Am 02./03. und 05. Oktober 2025 sowie vom 06.-09.11.2025 zeigt die mfa-Master Klasse 24-25 The Two Gentle*WOmen of Verona von und nach William Shakespeare im Pepper Theater Neuperlach unter der Leitung von Alexandra Haasbach.

Vorstellungen:                          Besetzungen:
02./03./05.10.2025                       A: 02.+03.10.//08.+09.11.2025
05./06./07./08./09.11.2025        B: 05.10.//05.+06.+07.11.2025

Ort: Pepper Theater
Einlass: 19.00
Beginn: 19.30

Eintritt:
Normal: 18,- €
Ermässigt: 12,- €

INHALT

PROTEA ist in JULIO verliebt und will deswegen in Verona bleiben. Ihre beste Freundin VALENTINA macht sich über PROTEA’s Verliebtheit lustig und hat Sorge, dass PROTEA zum Hausmütterchen wird und nie von zu Hause rauskommt. VALENTINA würde sich nie verlieben und will viel lieber, dass PROTEA mit ihr ins fesche Mailand an den Hof der HERZOGIN kommt, um von dort aus in die Welt hinaus zu ziehen um diese kennen zu lernen und die Freiheit zu geniessen. PROTEA lehnt dies jedoch ab.
Doch die Pläne der beiden Freundinnen gehen schief, denn VALENTINA verliebt sich in Mailand sofort in SILVIO, den charmanten Sohn der HERZOGIN. PROTEA wird nach einigen Monaten ebenfalls von ihrer Mutter ANTONIA nach Mailand geschickt, um die Welt kennen zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Widerwillig verlässt PROTEA Verona und Ihren Geliebten JULIO und geht nach Mailand.
Dort passiert etwas vollkommen unerwartetes: PROTEA verliebt sich bei ihrer Ankunft in Mailand ebenfalls sofort in SILVIO und ist nun in einer grossen Zwickmühle. Soll sie ihrem Herzen folgen und ihre beste Freundin und ihren Geliebten hintergehen, um mit SILVIO zusammen sein zu können ?
“Shakespeare’s problem play “ in der umproblematisierten weiblichen Variante…

Besetzung A

Selina Gebhart
PROTEA

Stefania Kanata
VALENTINA

Mailin Stahnke
HERZOGIN VON MAILAND, EGLAMOUR

Paul Pakull
LUCETTO, LANZ, SILVIO

Julia Klassen
FLINKE, WIRTIN, ANTONIA

Marius Klimke
JULIO

India Park
THURIA

Michaela Bosnjak
DRITTER RÄUBER*IN

Besetzung B

India Park
PROTEA

Michaela Bosnjak
VALENTINA

Julia Klassen
HERZOGIN VON MAILAND, EGLAMOUR

Paul Pakull
LUCETTO; LANZ SILVIO

Mailin Stahnke
FLINKE, WIRTIN, ANTONIA

Marius Klimke
JULIO

Selina Gebhart
THURIA

Stefania Kanata
DRITTER RÄUBER*IN

In weiteren Rollen:

RÄUBER*IN, TÄNZER*IN; DIENER*IN, MUSIKER*IN:
Elisabeth Meier

RÄUBER*IN, TÄNZER*IN; DIENER*IN, MUSIKER*IN:
Tim Drexl

RÄUBER*IN, TÄNZER*IN; DIENER*IN, MUSIKER*IN:
Ava Knaack

RÄUBER*IN, TÄNZER*IN; DIENER*IN, MUSIKER*IN:
Sabina Haiböck

Sponsored by: 

Was ist ein ‘’Problem Play’’?

Ein ‘’Problem Play’’ in Shakespeare’s Werken ist im Prinzip ein Stück, dass nicht eindeutig als Komödie oder Drama/Tragödie klassifiziert werden kann, da es neben der reinen Komik auch schwere oder gar düstere menschliche Probleme zu Tage bringt. Somit wechseln die Stücke quasi zwischen reiner Komödie und Tragödie hin und her. Heute könnte man sie mit dem modernen Begriff Dramedy bezeichnen, eine Dramedy mit einem etwas veralteten dramatischen Aufbau.
Weitere Merkmale eines ‘’Problem Plays’’ sind unsichere Figuren, die schwer zu lösende ethische, moralische oder soziale Fragen belasten, und vor allem eine für den Zuschauer unbefriedigende Auflösung am Schluss des Stückes.

So ist es auch in ‘’The Two Gentlemen of Verona’’, welches zu einem der früheren Werke Shakespeares zählt. Es ist im Kern ein Stück über die Freundschaft zwischen zwei Männern, mit einer sehr sensiblen, tief menschlichen Ebene einerseits und einer patriarchalen Machtebene andererseits. Ausserdem wechselt das Stück zwischen drei Genres: Von der Komödie zur Tragödie zur Pastoralen. Was komisch beginnt endet aus heutiger Sicht höchst tragisch:
VALENTIN findet verliebt sein dumm und macht sich über PROTEUS lustig, doch das Erste, was ihm in Mailand passiert ist, sich in SILVIA zu verlieben. PROTEUS will für immer in Verona bleiben und sieht nichts anderes als JULIA, doch als auch er zwangsweise nach Mailand geschickt wird, verliebt er sich ebenfalls in SILVIA und die Freundschaft der beiden steht auf dem Spiel.
Im Prinzip ist das doppelt komisch – und doppelt tragisch: Beide Freunde können ihr Leben nicht entsprechend den eigenen moralischen Vorstellungen gestalten, da die Liebe Ihnen einen Strich durch die Rechnung macht. Und dann sind beide auch noch in die gleiche Frau verliebt. Was nun ?
Menschen, die PROTEUS’ Situation im echten Leben erfahren, stürzen meist in tiefe psychologische Krisen. Wie kann man/frau ehrliche Liebe für zwei Personen empfinden, ohne daran zu zerbrechen, eine Entscheidung zwischen beiden zu treffen, was in einer christlich geprägten Gesellschft zwingend notwendig ist? Die Entscheidung gegen eine der beiden geliebten Personen kommt dem Tod derjenigen Person nahe. Genau dies fühlt auch PROTEUS.

Da bleibt als mögliche Lösung nur eine Dreier-Beziehung, doch die ist im streng christlichen, elisabethanischen Zeitalter teuflisch. So sagt SILVIA zu PROTEUS in Akt V:

‘’Verbraucht ist deine Treue, ausser du hättst zwei,
Was schlimmer wär als keine: besser keine
Als doppelte, die zu viel wär um eine.’’

Nun muss sich PROTEUS der Liebe wegen nicht nur zwischen zwei Frauen, sondern auch noch für oder gegen seinen besten Freund entscheiden. Dementsprechend beginnt die Tragödie:
Was ist PROTEUS wichtiger – seine Freundschaft zu VALENTIN und seine Liebe zu JULIA, oder seine neue Liebe zu SILVIA ? PROTEUS findet in seinem Monolog eine sehr moderne Lösung:

‘’Ich bin mir selbst viel näher als ein Freund
Denn Liebe ist sich selbst am kostbarsten.’’

Und so schmiedet er ein Komplott gegen VALENTIN, der darauf hin aus Mailand verbannt wird und im Wald bei einigen RÄUBERN seine neue Freiheit findet (Pastorale).
Aber das ist natürlich nur eine Seite der Tragödie, denn JULIA vermisst PROTEUS sehr und macht sich als Page verkleidet nach Mailand auf, um ihm zu folgen. Dort angekommen, kann sie kaum glauben was sie mit ansehen muss: PROTEUS wirbt aktiv um SILVIA. Um dem Ganzen auf den Grund zu gehen, lässt JULIA sich von PROTEUS als Page einstellen und hilft ihm fortan, SILVIA zu gewinnen. Dabei muss sie sich einige tief verletzende Dinge anhören, welche sie mehr oder weniger wortlos schluckt. Welche JULIA würde das im wahren Leben aushalten? Ebenfalls erkennt sie, dass SILVIA unschuldig an PROTEUS Verhalten ist und empfindet sogar tiefen Respekt vor SILVIA. JULIA ist eine weibliche Figur mit wahrer innerer Grösse, die schon fast heilig zu sein scheint, ebenso wie SILVIA .
Bis hier hin könnte man/frau aus heutiger Sicht das ganze Stück noch als grenzwertige Komödie betrachten, vor allem durch die clownigen Figuren LANZ und FLINK, sowie die ängstlichen und höchst anständigen RÄUBER, die alle quasi als Comic Relief in der zunehmend tragischen Handlung fungieren.
Doch dann kommt noch ein grösseres Problem für PROTEUS dazu: SILVIA will nichts von ihm wissen, sie findet sein Verhalten äusserst verabscheuenswürdig und empfindet tiefes Mitgefühl für JULIA. Doch PROTEUS lässt nicht locker und versucht am Schluss, SILVIA mittels Vergewaltigung (in dieser Inszenierung gestrichen) an sich zu nehmen – während JULIA wortlos (!) daneben steht – doch VALENTIN kommt im letzten Moment dazwischen und verhindert Schlimmeres. Als ob das noch nicht genug wäre, vergibt VALENTIN PROTEUS seine Taten nicht nur augenblicklich, sondern macht ihm SILVIA auch noch indirekt zum Geschenk (in dieser Inszenierung gestrichen). Schliesslich gibt sich auch die arme JULIA zu erkennen und zum ‘’guten’’ Schluss wird geheiratet.

Das ganze ist aus heutiger Sicht eine vollkommen unmögliche Handlung. Es wird daher vermutet, dass ein oder mehrere unbekannte Autoren das Stück im Nachhinein bearbeitet haben, da einige Passagen, insbesondere in Akt V, sehr untypisch für Shakespeare sind und in einer sehr untypischen Dramatik sowie Stilistik verfasst sind.
Des Weiteren muss das Stück zwingend vor dem Hintergrund seiner Zeit betrachtet werden. Einer Zeit, in der ‘’wahre Männerfreundschaften’’ über Alles gehen und Frauen seelenreines, hübsches Beiwerk sind. Aus dieser Sichtweise ist der Schluss durchaus plausibel und aus den Hauptfiguren (PROTEUS & VALENTIN) heraus sehr konsequent.
Diese Rollenverteilung kennen wir früher wie auch heute aus vielen Beispielen in (Kinder-)Literatur, Film & Fernsehen, dort gibt es haufenweise ‘’Echte Männerfreundschaften’’ wie:
‘’Die Drei Musketiere’’, ‘’Sherlock Holmes & Dr. Watson’’, ‘’Don Quichotte & Sancho Pansa’’, ‘‘Winnetou & Old Shatterhand’’, ‘’Tom Sawyer & Huckleberry Finn’’, ‘’Asterix & Obelix’’, ‘’Tim & Struppi’’, ‘’Die Drei ???’’, ‘’Bud Spencer & Terence Hill’’, ’’007 & Felix Leiter’’ ‘’The Nine (!) Fellows of the Ring’’, ‘’MIB’’, ‘’Bad Boys’’, usw…
All diese Geschichten sind natürlich sehr unterhaltsam, aber die Geschlechterverteilung der Rollen ist fast gleich geblieben. Frauenfiguren dienen meist als Sex Objekt und/oder moralische (Ehefrau-)Instanz (Man denke z.B. an sämtliche Bondgirls, allen voran an ‘’Pussy Galore’’ in Goldfinger…).
Gibt es heutzutage ‘’Echte Frauenfreundschaften’’ auf diesem Gebiet? Sehr wenige bis gar keine. Klar, wir haben Pippi und Annika, Bibi und Tina und inzwischen sogar die Die Drei !!!, aber hey, da geht doch noch mehr im Jahr 2025. Es ist Zeit zum Umdenken in Geschlechter- (und Minderheiten-)Fragen, besonders in Literatur, Film und Theater, die unsere Gesellschaft so sehr beeinflussen.

Daher soll in dieser Inszenierung durch getauschte Figuren-Geschlechter herausgestellt werden, wie verletzend und herabwürdigend die Situationen und Behandlungen eigentlich sind, die Frauen(-Figuren) damals (wie teilweise auch heute) durchleben müssen und wie ‘’cool’’ andererseits Männer(-Figuren) sein dürfen. Ersteres wird besonders durch JULIO deutlich, Zweiteres durch die Figuren FLINKE und LANZ. Letzterer ist in dieser Inszenierung aus Ensemble-technischen Gründen männlich geblieben.
Es gibt allerdings noch einen weiteren, tollen Nebeneffekt der getauschten Figuren-Geschlechter, nämlich die Erkenntnis, dass die Geschichte ‘’andersrum’’ genauso gut funktioniert, wenn nicht sogar besser. Denn wir sind es nicht gewohnt, dass männliche Figuren so schlecht behandelt werden wie weibliche, daher ist der Schmerz, den JULIO in dieser Inszenierung empfindet, umso stärker spürbar.
Anders gesagt: Aus Liebeskummer verzweifelte Frauen in einer patriarchalen Welt kennen wir zu genüge, Männer in einer matriarchalen eher weniger.
Sofern der Originaltext im Laufe der Jahrhunderte nicht verfälscht wurde, ist dieser Effekt vor Allem der einzigartigen Magie Shakespeares zu verdanken. Dieser verfügte offensichtlich über eine einzigartige Menschenkenntnis und war darüber hinaus im Stande, mit sprachlichen Stilmitteln als Pinsel, so wundervolle Sprach-Bilder über tiefe, menschliche Gefühlswelten zu malen wie kaum ein/e andere/r. Und das Fühlen von Liebe, Trauer, Wut und Angst, ist vollkommen Geschlechter-unabhängig, da sind wir alle gleich, nämlich zutiefst MENSCHLICH.